Zurück zum Inhalt

Zum Inhaltsverzeichnis springen

Schlüssel zum Familienglück

Wie Kinder die Ehe verändern

Wie Kinder die Ehe verändern

Kai *: „Marion und ich waren ganz aus dem Häuschen, als unsere Kleine auf die Welt kam. Aber in den ersten paar Monaten nach der Geburt habe ich ziemlich wenig Schlaf bekommen. Wir hatten alle möglichen Pläne, wie wir mit ihr umgehen und sie erziehen wollten, doch die haben sich ziemlich schnell in Luft aufgelöst.“

Marion: „Nach der Geburt gab unser Baby den Takt an. Plötzlich drehte sich alles nur noch um Fläschchen machen, Windeln wechseln, Kind beruhigen. Die Umstellung war enorm. Es hat Monate gedauert, bis sich das Verhältnis zwischen mir und Kai wieder normalisierte.“

KINDER zu haben gehört zu den größten Freuden im Leben, darin sind sich viele einig. Die Bibel bezeichnet Kinder als „eine Belohnung“ von Gott (Psalm 127:3). Frischgebackene Eltern wie Kai und Marion wissen aber auch, dass Kinder unerwartete Veränderungen für die Ehe mit sich bringen können. Die junge Mutter stellt sich wahrscheinlich voll auf das Baby ein und ist überrascht, wie sie körperlich und emotional auf jeden Pieps reagiert. Der Vater ist vielleicht von der engen Bindung zwischen seiner Frau und dem Kind fasziniert, fühlt sich aber plötzlich ausgegrenzt.

Die Geburt des ersten Kindes löst sogar manchmal eine Ehekrise aus. Emotionale Unsicherheit und ungelöste Probleme können durch die Belastungen des Elterndaseins verstärkt werden und kommen ans Licht.

Wie schaffen es junge Eltern, mit der Hektik der ersten paar Monate klarzukommen, wenn der Säugling ihre volle Aufmerksamkeit verlangt? Wie können sie sich ihre Intimität erhalten? Wie geht man am besten mit Meinungsverschiedenheiten in puncto Kindererziehung um? Gehen wir diese Fragen einmal nacheinander durch und sehen uns an, wie biblische Grundsätze da weiterhelfen können.

PROBLEMATIK 1: Plötzlich dreht sich alles nur noch ums Kind.

Ein Neugeborenes nimmt seine Mutter völlig in Beschlag, und in der Regel empfindet sie eine tiefe innere Befriedigung, wenn sie sich um ihr Kleines kümmert. Der Mann kommt sich dabei oft vernachlässigt vor. Manuel aus Brasilien erzählt: „Für mich war es am schwersten zu akzeptieren, dass für meine Frau jetzt nicht mehr ich, sondern der Kleine Nummer eins war. Unsere Beziehung war auf einmal nicht mehr wie früher. Ich fühlte mich irgendwie ausgebootet.“ Wie übersteht man solche Turbulenzen?

Erfolgsrezept: Nachsicht und Geduld.

„Die Liebe ist langmütig und gütig“, heißt es in der Bibel, sie ist nicht auf ihre „eigenen Interessen“ aus und „lässt sich nicht aufreizen“ (1. Korinther 13:4, 5). Was bedeutet dieser Rat für junge Eltern?

Der Mann beweist seiner Frau, dass er sie liebt, wenn er sich darüber informiert, welche körperlichen und psychischen Auswirkungen eine Geburt hat. Er versteht dann, warum es bei seiner Frau zu plötzlichen Gefühlsschwankungen kommen kann. * Adam aus Frankreich ist vor knapp einem Jahr Vater geworden. Er gesteht: „Es ist nicht immer so einfach, wenn bei meiner Frau die Gefühle Achterbahn fahren. Aber ich versuche dann, daran zu denken, dass es ja nicht gegen mich persönlich geht. Sie muss sich einfach erst in die neue Situation hineinfinden.“

Wenn man als Ehemann mit anpacken möchte und das manchmal nicht so gut ankommt, dann bitte nicht gleich beleidigt sein (Prediger 7:9). Lieber ein Auge zudrücken und überlegen, was dem Partner jetzt guttun würde, dann bleibt man eher ruhig (Sprüche 14:29).

Die Frau kann ihren Mann gut unterstützen, indem sie ihm hilft, in seine neue Rolle hineinzuwachsen. Sie könnte ihn bei der Babypflege mit einbeziehen und ihm geduldig zeigen, wie man Windeln wechselt oder Fläschchen macht — auch wenn er sich anfangs vielleicht ein bisschen ungeschickt anstellt.

Ellen (26) merkte, dass sie sich ihrem Mann gegenüber anders verhalten musste. „Ich war wie eine Glucke ständig um das Kind herum, das war nicht gut“, sagt sie. „Und wenn mein Mann sich Mühe gab, alles so zu machen, wie ich es ihm gezeigt hatte, durfte ich nicht immer so pingelig sein.“

TIPP: Für die Frau: Wenn der Mann bei der Babypflege mal etwas anders macht, bitte nicht gleich kritisieren oder es hinterher noch mal „richtig“ machen. Lieber loben, was gut war. Dann bekommt er immer mehr Selbstvertrauen und wird auch in Zukunft gern helfen. Für den Mann: Besonders in den ersten paar Monaten nach der Entbindung ist es eine echte Hilfe, wenn man bei unwichtigeren Dingen Abstriche macht, um möglichst viel Zeit für seine Frau zu haben.

PROBLEMATIK 2: Die Bindung in der Ehe leidet.

Viele frischgebackene Eltern müssen darum kämpfen, sich emotional nicht voneinander zu entfernen, wenn Schlafmangel und unerwartete Schwierigkeiten ihnen die Kraft rauben. Vivianne aus Frankreich, die zwei kleine Kinder hat, gibt zu: „Ich war anfangs so auf meine Rolle als Mutter fixiert, dass ich fast vergessen habe, dass ich auch noch Ehefrau bin.“

Männer übersehen manchmal, was für ein körperlicher und emotionaler Kraftakt eine Schwangerschaft ist. Der Neuankömmling in der Familie beansprucht wahrscheinlich Zeit und Energie, die die Eltern jetzt nicht mehr in ihre emotionale und sexuelle Beziehung investieren können. Wie kann ein Paar verhindern, dass sich ihr süßes, kleines Baby zwischen sie schiebt?

Erfolgsrezept: Sagen, dass man sich liebt.

In der Bibel steht zum Thema Ehe: „Ein Mann [wird] seinen Vater und seine Mutter verlassen, und er soll fest zu seiner Frau halten, und sie sollen e i n Fleisch werden“ (1. Mose 2:24). * Jehova Gott hatte vorgesehen, dass Kinder irgendwann das Elternhaus verlassen. Ehepaare dagegen sollten ein Leben lang „e i n Fleisch“ sein und zusammenbleiben (Matthäus 19:3-9). Wie kann dieser wertvolle Grundsatz einem jungen Elternpaar helfen, damit da nichts aus dem Lot gerät?

Vivianne, die schon erwähnt wurde, sagt: „Ich habe über 1. Mose 2:24 nachgedacht, und da wurde mir bewusst, dass nicht mein Kind und ich ‚e i n Fleisch‘ sind, sondern mein Mann und ich. Mir wurde klar, dass ich unbedingt etwas für unsere Ehe tun musste.“ Theresa — sie hat eine zweijährige Tochter — berichtet: „Sobald ich merke, dass sich zwischen meinem Mann und mir eine Distanz aufbaut, versuche ich, mich voll auf ihn zu konzentrieren, auch wenn es jeden Tag nur kurz ist.“

Wie können Männer die Ehe stärken? Frauen tut es gut, zu hören, dass sie geliebt werden — vor allem wenn das mit entsprechenden Gesten unterstrichen wird. Der Mann sollte sich gezielt darum bemühen, irgendwelche Gefühle der Unsicherheit bei seiner Frau zu zerstreuen. Sarah (30) findet: „Es ist schön, wenn man weiß, dass man noch geliebt und geschätzt wird, auch wenn die Schwangerschaft ihre Spuren hinterlassen hat.“ Alex aus Deutschland, der zwei Jungs hat, hält es für wichtig, emotionalen Halt zu bieten. Er sagt: „Meine Frau kann sich an meiner Schulter immer ausweinen.“

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Geburt eines Babys auf die Intimbeziehungen eines Paares auswirkt. Deswegen müssen die beiden über ihre sexuellen Bedürfnisse reden. Wie die Bibel sagt, sollten sie sich in dem Punkt aufeinander einstellen und alles „mit gegenseitiger Einwilligung“ tun (1. Korinther 7:1-5). Das erfordert persönliche Gespräche. Je nach Erziehung und kulturellem Hintergrund fällt es manchen vielleicht schwer, über Sex zu reden. Doch während man sich an den Alltag mit Kind gewöhnt, darf dieses Thema nicht außen vor bleiben. Dabei sind Offenheit, Geduld und Einfühlsamkeit wichtig (1. Korinther 10:24). So wird Missverständnissen vorgebeugt und die Liebe zueinander wird intensiver (1. Petrus 3:7, 8).

Die Liebe wächst auch, wenn man Wertschätzung und Dankbarkeit zeigt. Der Mann sollte sich bewusst sein, dass vieles, was die junge Mutter leistet, gar nicht ins Auge springt. Vivianne erzählt: „Abends habe ich oft das Gefühl, als hätte ich überhaupt nichts geschafft — obwohl ich den ganzen Tag mit dem Baby beschäftigt war.“ Andererseits sollte die Frau trotz ihrer vielen Arbeit nicht herunterspielen, was ihr Mann für die Familie tut (Sprüche 17:17).

TIPP: Für Mütter: Wenn das Baby schläft, ruhig mal ein Nickerchen machen. So wird die innere Batterie aufgeladen und man hat neue Energie für den Partner. Für Väter: Wenn möglich, die junge Mutter dadurch entlasten, dass man nachts aufsteht und das Kleine füttert oder wickelt. Es kommt auch immer wieder gut an, wenn man mit ein paar kurzen Zeilen, einer SMS oder einem Anruf sagt: „Ich liebe dich.“ Als Ehepaar sollte man sich Zeit für persönliche Gespräche nehmen, bei denen es nicht nur um das Kind geht. Wenn Mann und Frau enge Freunde bleiben, fällt das Elternsein viel leichter.

PROBLEMATIK 3: Verschiedene Auffassungen über Kindererziehung.

Manchmal sorgt ein unterschiedlicher familiärer Hintergrund für Zündstoff. So war es bei Asami aus Japan und ihrem Mann Katsuro. Asami erzählt: „Ich fand, dass Katsuro unserer Tochter viel zu viel durchgehen ließ, und er dachte, ich wäre zu streng mit ihr.“ Wie schafft man es in einem solchen Fall, an einem Strang zu ziehen?

Erfolgsrezept: Gespräche und gegenseitige Hilfe.

Der weise König Salomo schrieb: „Durch Vermessenheit verursacht man nur Streit, aber bei denen, die sich miteinander beraten, ist Weisheit“ (Sprüche 13:10). Man könnte sich einmal fragen: Wie viel weiß ich eigentlich über die Ansichten meines Partners zum Thema Kindererziehung? Kommen bestimmte Erziehungsfragen erst nach der Geburt auf den Tisch, kann es passieren, dass man letztendlich nur herumstreitet, anstatt Probleme zu lösen.

Hier ein paar Fragen, über die sich Eltern einig sein sollten: Wie bringen wir unserem Kind gute Ess- und Schlafgewohnheiten bei? Sollten wir es jedes Mal aus dem Bettchen nehmen, wenn es nachts schreit? Was machen wir, wenn der Abschied von der Windel nicht so richtig klappt? Natürlich wird da jedes Paar individuell entscheiden. Ethan, der zweifacher Vater ist, sagt: „Man muss reden, damit man in die gleiche Richtung marschiert und geschlossen auf die Bedürfnisse des Kindes reagieren kann.“

TIPP: Man könnte an die eigene Kindheit zurückdenken und sich fragen, welche Ansichten und Erziehungsmethoden der Eltern man übernehmen möchte und welche eher nicht. Das sollte man dann mit dem Partner besprechen.

Kinder können eine Ehe auf Dauer prägen

Genau wie zwei ungeübte Eisläufer Zeit und Geduld brauchen, um sich aufeinander einzuspielen und das Gleichgewicht zu halten, so braucht auch ein Ehepaar Zeit, um sich in der Elternrolle zurechtzufinden. Die Sicherheit kommt nach und nach.

Wenn man Kinder großzieht, wird die Bindung in der Ehe auf den Prüfstand gestellt, und die Beziehung definiert sich neu. Es kann einen aber auch menschlich weiterbringen. Wer den wertvollen Rat der Bibel umsetzt, dem wird es bestimmt wie Kenneth gehen, der rückblickend sagt: „Kinder großzuziehen hat sich auf meine Frau und mich positiv ausgewirkt. Wir sind jetzt weniger auf uns fixiert, sind liebevoller und verständnisvoller geworden.“ So etwas kann man einer Ehe doch nur wünschen!

^ Abs. 3 Namen geändert.

^ Abs. 11 Viele Mütter machen in den Wochen nach der Entbindung depressive Phasen durch: Das kann von leichten Stimmungsveränderungen bis zu sogenannten Wochenbettdepressionen gehen. Zu dem Thema wurden in der Zeitschrift Erwachet! (herausgegeben von Jehovas Zeugen) die Artikel „Mein erfolgreicher Kampf gegen Wochenbettdepressionen“ (22. Juli 2002) und „Hilfe bei Wochenbettdepressionen“ (8. Juni 2003) veröffentlicht, die auch unter www.watchtower.org/x nachzulesen sind.

^ Abs. 19 Das hier mit „fest zu jemandem halten“ übersetzte hebräische Verb vermittelt laut einem Nachschlagewerk unter anderem den Sinn von „liebend jemandem anhängen“.

ZUM NACHDENKEN

  • Wie habe ich meine Frau/meinen Mann in der vergangenen Woche spüren lassen, dass ich schätze, was sie/er für die Familie tut?

  • Wann habe ich mir zum letzten Mal Zeit für ein intensives Gespräch mit meiner Frau/meinem Mann genommen, bei dem es nicht um Kindererziehung ging?