An die Galater 3:1-29

3  Ach, ihr unverständigen Gạlater! Wer hat euch unter diesen üblen Einfluss gebracht?+ Ihr habt doch Jesus Christus ganz klar als jemand vor Augen gestellt bekommen, der an den Pfahl genagelt wurde.+  Ich möchte euch eines fragen*: Habt ihr den Geist durch das Befolgen des Gesetzes bekommen oder weil ihr an das glaubt, was ihr gehört habt?+  Seid ihr so unverständig? Nachdem ihr euch am Anfang durch den Geist habt leiten lassen, wollt ihr jetzt durch menschliche Überlegungen zum Ziel kommen?+  Habt ihr so viel umsonst gelitten? Wenn es denn umsonst gewesen ist.  Tut derjenige, der euch den Geist gibt und unter euch mächtige Taten vollbringt*,+ das, weil ihr das Gesetz befolgt oder weil ihr an das glaubt, was ihr gehört habt?  Es ist wie bei Abraham, der „an Jehova glaubte*, und das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet“.+  Sicher wisst ihr, dass die, die am Glauben festhalten, Söhne Abrahams sind.+  In der Voraussicht, dass Gott Menschen von den anderen Völkern durch Glauben für gerecht erklären würde,+ verkündeten die Schriften Abraham die gute Botschaft im Voraus. Es heißt nämlich: „Durch dich werden alle Völker gesegnet werden.“+  Also werden die, die am Glauben festhalten, zusammen mit Abraham gesegnet, der Glauben hatte.+ 10  Alle, die sich auf das Befolgen des Gesetzes verlassen, sind unter einem Fluch, denn in den Schriften steht: „Verflucht ist jeder, der sich nicht an alles hält, was in der Buchrolle des Gesetzes aufgeschrieben ist.“+ 11  Übrigens ist klar, dass vor Gott niemand durch das Gesetz für gerecht erklärt wird,+ denn „der Gerechte wird wegen seines Glaubens leben“.+ 12  Das Gesetz nun gründet sich nicht auf Glauben, sondern „wer das alles tut, wird dadurch leben“.+ 13  Christus hat uns losgekauft+ und uns vom Fluch des Gesetzes befreit,+ indem er für uns zum Fluch geworden ist.+ In den Schriften steht ja: „Verflucht ist jeder, der an einem Stamm hängt.“+ 14  So sollte der Segen Abrahams den Völkern durch Christus Jesus zukommen,+ damit wir durch unseren Glauben den versprochenen Geist erhalten können.+ 15  Brüder, ich möchte hier einen Vergleich aus dem menschlichen Leben heranziehen: Ist ein Bund einmal rechtskräftig geworden, wenn auch nur durch einen Menschen, wird ihn niemand für ungültig erklären oder mit Zusätzen versehen. 16  Nun wurden die Versprechen* Abraham und seinem Nachkommen gegeben.+ Es heißt nicht „deinen Nachkommen“ im Sinn von vielen, sondern „deinem Nachkommen“ im Sinn von einem, und dieser ist Christus.+ 17  Außerdem sage ich: Das Gesetz, das 430 Jahre+ später entstanden ist, macht den zuvor durch Gott geschlossenen Bund nicht ungültig, sodass das Versprechen nicht mehr gelten würde.+ 18  Wenn nämlich das Erbe auf dem Gesetz beruht, dann beruht es nicht mehr auf einem Versprechen. Gott hat es Abraham aber gütigerweise durch ein Versprechen gegeben.+ 19  Wozu dann das Gesetz? Es wurde hinzugefügt, um Übertretungen sichtbar zu machen,+ bis der Nachkomme kommen würde,+ dem das Versprechen gegeben worden war. Auch wurde es durch Engel übermittelt+ und durch einen Vermittler überbracht.+ 20  Nun gibt es keinen Vermittler, wenn nur eine Person beteiligt ist, und Gott ist nur einer. 21  Steht das Gesetz also im Widerspruch zu den Versprechen Gottes? Auf keinen Fall! Denn wenn ein Gesetz aufgestellt worden wäre, das Leben hätte geben können, dann wäre Gerechtigkeit tatsächlich durch Gesetz gekommen. 22  Aber die Schriften haben alles zusammen dem Gewahrsam der Sünde übergeben, damit das Versprechen, das sich aus dem Glauben an Jesus Christus ergibt, denen gegeben wird, die glauben*. 23  Bevor jedoch der Glaube kam, wurden wir vom Gesetz bewacht, wir wurden in Gewahrsam gegeben, und wir sahen dem Glauben entgegen, der offenbart werden sollte.+ 24  So ist das Gesetz unser Betreuer geworden, der zu Christus führt,+ damit wir durch Glauben für gerecht erklärt werden können.+ 25  Jetzt aber ist der Glaube gekommen+ und wir unterstehen nicht mehr einem Betreuer.+ 26  Ihr alle seid tatsächlich Söhne Gottes+ durch euren Glauben an Christus Jesus.+ 27  Denn ihr alle, die ihr in Christus getauft worden seid, habt Christus angezogen.+ 28  Es spielt keine Rolle, ob jemand Jude oder Grieche ist,+ Sklave oder freier Mensch,+ männlich oder weiblich,+ denn wenn ihr mit Christus Jesus verbunden seid, seid ihr alle eins*.+ 29  Und wenn ihr zu Christus gehört, seid ihr wirklich Abrahams Nachkommen+ und bekommt das versprochene Erbe.+

Fußnoten

Wtl. „von euch erfahren“.
Oder „unter euch Wunder wirkt“.
Oder „auf … vertraute“.
Oder „Verheißungen“.
Oder „Glauben ausüben“.
Wtl. „einer“.

Studienanmerkungen

Ach, ihr unverständigen Galater!: Mit dem griechischen Wort anóētos („unverständig“) ist nicht unbedingt gemeint, dass es jemandem an Intelligenz fehlt. Wie es in einem Fachwörterbuch heißt, bezieht es sich hier auf die „mangelnde Bereitschaft, etwas mit seinem Verstand zu begreifen“. Paulus hatte die Galater gerade an Folgendes erinnert: Sie waren nicht für gerecht erklärt worden, weil sie sich an das mosaische Gesetz gehalten hatten, sondern weil sie an Jesus Christus glaubten (Gal 2:15-21). Er hatte sie vom Fluch des Gesetzes befreit. (Siehe Anm. zu Gal 2:21.) Dass einige Galater diese kostbare Freiheit gegen die Unterwerfung unter ein Gesetz eintauschen wollten, das abgeschafft war und sie nur verurteilen konnte, war dumm von ihnen (Gal 1:6). Für diesen Rückschritt wies Paulus sie mit dem oben genannten Ausruf deutlich zurecht.

Galater: Offensichtlich meint Paulus hier die Christen in den Versammlungen im südlichen Galatien, wo er gepredigt hatte. (Siehe Anm. zu Gal 1:2.)

unter diesen üblen Einfluss gebracht: Das entsprechende griechische Verb baskáinō kommt in den Christlichen Griechischen Schriften nur hier vor. Es kann auch mit „behexen“ oder „bezaubern“ wiedergegeben werden, wie es etliche deutsche Bibelübersetzungen machen. Allerdings hatte das Wort im Altgriechischen auch eine übertragene Bedeutung. Es musste also nicht zwangsläufig Zauberei im Spiel sein. Paulus gebraucht das Wort hier in einer breiteren Bedeutung im Sinn von „verführen“ oder „manipulieren“  – ein kraftvolles Sprachbild für den schlechten Einfluss, dem die Galater ausgesetzt waren.

Nachdem ihr euch am Anfang durch den Geist habt leiten lassen: Wtl. „Nachdem ihr im Geist angefangen habt“. Zunächst machten die Christen in Galatien im Glauben Fortschritte und handelten gemäß der Leitung durch den heiligen Geist.

wollt ihr jetzt durch menschliche Überlegungen zum Ziel kommen?: Wtl. „werdet ihr jetzt im Fleisch vollendet?“. Nachdem sich die Christen in Galatien anfangs noch „durch den Geist“ leiten ließen, standen sie jetzt unter dem Einfluss von Männern, die das nicht taten und sich für die Beschneidung und das strikte Einhalten des mosaischen Gesetzes stark machten (Gal 3:1; 5:2-6). Solche „menschlichen Überlegungen“ hinderten die Galater daran, im Glauben Fortschritte zu machen, und gefährdeten ihre Aussicht auf ewiges Leben (Gal 6:8).

Jehova: Das Zitat in diesem Vers stammt aus 1Mo 15:6. Dort erscheint der Gottesname im hebräischen Urtext in Form der vier hebräischen Konsonanten יהוה (JHWH). (Siehe Anh. C1 und C2.) In erhalten gebliebenen griechischen Manuskripten steht hier das Wort theós („Gott“), vielleicht weil es auch in Abschriften der Septuaginta in 1Mo 15:6 zu finden ist. Deshalb steht in den meisten Bibelübersetzungen im vorliegenden Vers „Gott“. Da jedoch im ursprünglichen hebräischen Text in 1Mo 15:6 das Tetragramm erscheint, wird hier im Haupttext der Gottesname verwendet. Das gleiche Zitat findet man auch in Rö 4:3 und Jak 2:23.

Gerechtigkeit: Siehe Worterklärungen.

Söhne Abrahams: Der Bund der Beschneidung wurde ursprünglich mit Abraham geschlossen. Die „falschen Brüder“ behaupteten offensichtlich, um „Söhne Abrahams“ zu sein, müssten sich Christen an das Gesetz halten (Gal 2:4; 3:1, 2; 1Mo 17:10; siehe Worterklärungen zu „Beschneidung“). Doch Paulus erklärt, dass in Wirklichkeit die, die am Glauben festhalten, „Söhne Abrahams“ sind – also diejenigen, die Glauben haben wie Abraham (Gal 3:9; siehe Anm. zu Gal 3:29).

der Glauben hatte: Das entsprechende griechische Wort (pistós) kann eine Person meinen, die an etwas glaubt oder jemandem vertraut. Es kann aber auch „zuverlässig“ oder „treu“ bedeuten. (Siehe Anm. zu 2Ko 6:15.)

in den Schriften steht: „Verflucht ist jeder, der …“: Paulus zitiert hier aus 5Mo 27:26. Der Text zeigt, dass die Juden verflucht waren, wenn sie sich nicht wie versprochen an das Gesetz hielten (2Mo 24:3). Das griechische Wort für „verflucht“ (epikatáratos) bezeichnet jemanden, der von Gott verurteilt ist. (Siehe Worterklärungen zu „Fluch“.) Wie Paulus deutlich macht, mussten die Juden, und zwar alle, nicht nur von der Erbsünde befreit werden, sondern auch vom Fluch des Gesetzes (Rö 5:12; Gal 3:10-13; siehe Anm. zu Gal 3:13).

der Gerechte wird wegen seines Glaubens leben: Paulus belegt mit diesem Zitat aus Hab 2:4, dass der Glaube an Christus – nicht das Halten des mosaischen Gesetzes – die Voraussetzung dafür ist, dass Christen für gerecht erklärt werden (Rö 10:3, 4; siehe Anm. zu Rö 1:17).

für uns zum Fluch geworden: Laut dem mosaischen Gesetz war jemand, der in den Gesetzesbund aufgenommen worden war, verflucht, wenn er sich nicht an die Vorschriften hielt. (Siehe Anm. zu Gal 3:10.) Im vorliegenden Vers zitiert Paulus aus 5Mo 21:22, 23. Dort heißt es, dass der Körper von jemandem, der „von Gott verflucht“ war, an einen Stamm gehängt wurde. Um den Fluch, der auf den Juden lastete, voll und ganz auf sich zu nehmen, musste Jesus somit als Verfluchter an einen Stamm gehängt werden. Dadurch ermöglichte sein Tod jedem Juden, der ihn als Messias annahm, vom Fluch des Gesetzes befreit zu werden. Die Erklärung von Paulus erinnert an das, was Jesus dem Pharisäer Nikodemus sagte. (Siehe Anm. zu Joh 3:14.)

Stamm: Siehe Anm. zu Apg 5:30.

Bund: Das entsprechende griechische Wort diathḗkē kommt in den Christlichen Griechischen Schriften 33 Mal vor, und zwar immer im Sinn einer Vereinbarung. Es wird mit „Bund“ oder „Bündnis“ übersetzt (Mat 26:28; Luk 22:20; 1Ko 11:25; Gal 3:17; 4:24; Heb 8:6, 8; 10:16, 29; 12:24). Im vorliegenden Vers geben etliche Bibelübersetzungen das Wort diathḗkē mit „Testament“ wieder. Da es im direkten Zusammenhang jedoch um den Bund geht, den Gott mit Abraham schloss (Gal 3:16-18), ist es sinnvoll, das Wort hier ebenfalls mit „Bund“ zu übersetzen. (Siehe Anm. zu Gal 3:17.)

wurden die Versprechen Abraham und seinem Nachkommen gegeben: Geleitet vom heiligen Geist identifiziert Paulus hier Jesus Christus als primären Teil des Nachkommens von Abraham. (Das griechische Wort spérma, wtl. „Samen“, wird oft mit „Nachkomme“ wiedergegeben, wenn es sich auf den versprochenen Messias bezieht. Siehe Anh. A2.) Nach der Rebellion in Eden kündigte Jehova an, dass eine „Frau“ einen „Nachkommen“ hervorbringen würde, der der Schlange, d. h. dem Teufel, den Kopf zermalmen würde (1Mo 3:15). In dem Bund mit Abraham versprach Gott, dass die ganze Menschheit durch Abrahams Nachkommen gesegnet werden würde (1Mo 12:1-3, 7; 13:14, 15; 17:7; 22:15-18; 24:7; Gal 3:8). Wie er außerdem offenbarte, würde der Nachkomme aus dem Stamm Juda kommen und von König David abstammen; das traf auf Jesus zu (1Mo 49:10; Ps 89:3, 4; Luk 1:30-33; siehe Anm. zu deinen Nachkommen … deinem Nachkommen in diesem Vers). In Gal 3:26-29 macht Paulus deutlich, dass der versprochene „Nachkomme“ Abrahams auch einen sekundären Teil hat. (Siehe Anm. zu Gal 3:29.)

Es heißt nicht: Evtl. auch „Er sagt nicht“. Das Griechische lässt offen, was das Subjekt des Satzes ist. Offenbar bezog sich Paulus hier auf den Bibeltext, den er zitierte. Er könnte sich aber auch auf Gott bezogen haben.

deinen Nachkommen … deinem Nachkommen: Wtl. „den Samen … deinem Samen“. Paulus schreibt hier über die Versprechen, die Gott Abraham und dessen Nachkommen gab (1Mo 12:7; 13:14, 15; 17:7; 22:17, 18; 24:7). Im Hebräischen steht das Wort für „Nachkomme(n)“ (wtl. „Samen“), das in diesen Versprechen gegenüber Abraham gebraucht wurde, im Singular; das Gleiche gilt für das entsprechende griechische Wort. Beide Wörter sind allerdings oft im Sinn von „Nachkommenschaft“ zu verstehen. Paulus verwendet hier das griechische Wort spérma („Nachkomme“, „Samen“) einmal im Plural und einmal im Singular. Mit dieser Gegenüberstellung will er Folgendes zeigen: Als Gott Abraham versprach, dass die Menschheit durch dessen Nachkommen gesegnet werden würde, meinte er hauptsächlich eine Person, nämlich Christus. Es konnte nicht gemeint sein, dass die Menschheit durch alle Nachkommen Abrahams gesegnet werden würde, denn weder die Nachkommen von seinem Sohn Ismael noch die von seinen Söhnen mit Ketura spielten bei dem Segen eine Rolle. Der versprochene Nachkomme sollte von Isaak abstammen (1Mo 21:12; Heb 11:18). Die Linie sollte weiter verlaufen über Jakob (1Mo 28:13, 14), dann über dessen Sohn Juda (1Mo 49:10) und schließlich über David (2Sa 7:12-16). Jesus war ein Nachkomme Abrahams aus genau dieser Linie (Mat 1:1-16; Luk 3:23-34). Die Juden im 1. Jh. erwarteten als Retter tatsächlich eine Person – den Messias oder Christus (Luk 3:15; Joh 1:25; 7:41, 42). Sie dachten auch, als Nachkommen Abrahams seien sie das auserwählte Volk und damit Gottes Kinder (Joh 8:39-41).

430 Jahre: Damit meint Paulus die Zeit, die zwischen dem Inkrafttreten des abrahamischen Bundes und dem Beginn des Gesetzesbundes lag. Offenbar trat der Bund zwischen Jehova und Abraham in Kraft, als Abraham 1943 v. u. Z. mit seiner Familie auf dem Weg nach Kanaan den Euphrat überquerte; damals gelangte er in das Land, das Gott seinen Nachkommen versprochen hatte (1Mo 12:4, 5, 7). Dieses Ereignis fand offensichtlich am 14. Tag des Monats statt, der später Nisan genannt wurde. Das kann man aus 2Mo 12:41 ableiten. Wie es dort heißt, befreite Jehova sein Volk „auf den Tag genau nach 430 Jahren“ aus der Sklaverei in Ägypten (1513 v. u. Z).

den zuvor durch Gott geschlossenen Bund: Gemeint ist der Bund, den Gott mit Abraham schloss. Er trat offensichtlich 1943 v. u. Z. in Kraft, als Abraham den Euphrat überschritt (1Mo 12:1-7). Der 430 Jahre später (1513 v. u. Z.) geschlossene Gesetzesbund machte den Bund mit Abraham nicht ungültig, sondern ergänzte ihn. Der Gesetzesbund führte das Volk zu Jesus Christus, dem Nachkommen Abrahams (Gal 3:15, 16; siehe Anm. zu Gal 3:24).

Bund: Oder „Vertrag“. (Siehe Anm. zu Gal 3:15 und Worterklärungen zu „Bund“.) Die Christen im 1. Jh. kannten das griechische Wort für „Bund“ als Septuaginta-Wiedergabe des hebräischen Wortes beríth. Es kommt in den Hebräischen Schriften im Sinn von „Bund“ oder „Vertrag“ über 250 Mal vor (2Mo 24:7, 8; Ps 25:10; 83:5, Fn.; siehe Anm. zu 2Ko 3:14).

wurde hinzugefügt: Mit seiner Wortwahl wollte Paulus offenbar ausdrücken, dass das mosaische Gesetz nur vorübergehend galt. Im Gegensatz dazu sollte der abrahamische Bund mit seinen Segnungen durch den versprochenen „Nachkommen“ länger gültig sein (1Mo 3:15; 22:18; Gal 3:29).

um Übertretungen sichtbar zu machen: Wie Paulus zeigt, war ein Hauptzweck des mosaischen Gesetzes, „Übertretungen sichtbar zu machen“; es verdeutlichte, wie sündig und unvollkommen die Israeliten und auch alle anderen Menschen aus Gottes Sicht sind. (Zu dem griechischen Wort für „Übertretung“ siehe Anm. zu Rö 4:15.) Das Gesetz deckte das ganze Ausmaß der Sünde auf. Viele Verhaltens- und sogar Denkweisen wurden dort erstmals als sündig gekennzeichnet. Deshalb konnte Paulus sagen, dass durch das Gesetz „die Verfehlung zunahm“ (Rö 5:20; 7:7-11; siehe Anm. zu 1Ko 15:56; vgl. Ps 40:12). Jeder, der versuchte das Gesetz zu befolgen, wurde durch das Gesetz als Sünder überführt. Die geforderten Opfergaben führten den Israeliten immer wieder ihre Sündhaftigkeit vor Augen (Heb 10:1-4, 11). Nur ein vollkommenes Opfer konnte die Sünden aller Menschen sühnen (Rö 10:4; siehe Anm. zu der Nachkomme in diesem Vers).

bis: Mit diesem Wort zeigt Paulus, dass das Gesetz nicht für immer gelten sollte. Der Gesetzesbund endete, als er seinen Zweck erfüllt hatte (Rö 7:6; Gal 3:24, 25).

der Nachkomme: Wtl. „der Samen“. (Siehe Anh. A2.) Hier ist Jesus Christus gemeint. (Siehe Anm. zu Gal 3:16.)

durch Engel übermittelt: In den Hebräischen Schriften steht nicht direkt, dass Engel das Gesetz übermittelten. Das geht jedoch aus den inspirierten Aussagen im vorliegenden Vers, in Apg 7:53 (siehe Anm.) und in Heb 2:2, 3 hervor. Offensichtlich bevollmächtigte Jehova Engel, ihn vor Moses zu vertreten und Moses die beiden Gesetzestafeln zu geben (2Mo 19:9, 11, 18-20; 24:12; 31:18). Der eigentliche Gesetzgeber war jedoch Jehova. Als er seinen Bund mit Israel schloss, war Moses der von ihm ernannte Vermittler.

Vermittler: Bei dem „Vermittler“ handelte es sich um Moses. Als Jehova mit dem Volk Israel einen Bund (eine rechtsgültige Vereinbarung) schloss, vermittelte Moses zwischen den beiden Bundespartnern. (Siehe Worterklärungen zu „Vermittler“.) Das entsprechende griechische Wort mesítēs kommt in den Christlichen Griechischen Schriften sechs Mal vor (Gal 3:19, 20; 1Ti 2:5; Heb 8:6; 9:15; 12:24). Es stammt aus der Rechtssprache und bezeichnet nach einem Fachwörterbuch eine Person, „die zwischen zwei Parteien vermittelt, um Frieden oder freundschaftliche Beziehungen (wieder-)herzustellen, ein Abkommen zu schließen oder einen Bund rechtskräftig zu machen“. Als Vermittler half Moses dem Volk Israel dabei, die Vereinbarungen des Gesetzesbundes zu halten und dessen Vorteile zu genießen. Bei der Inkraftsetzung des Bundes nahm Moses die zeremoniellen Handlungen vor (2Mo 24:3-8; Heb 9:18-22). Er setzte die Priester ein und übertrug ihnen ihre priesterlichen Aufgaben (3Mo 8:1-36; Heb 7:11). Außerdem legte er den Israeliten über 600 Gesetze vor und setzte sich bei Jehova für sie ein, wenn sie Strafe verdienten (4Mo 16:20-22; 21:7; 5Mo 9:18-20, 25-29).

gibt es keinen Vermittler, wenn nur eine Person beteiligt ist: Paulus spricht hier von Jehovas Bund mit Abraham. Dabei handelte es sich um ein Versprechen Jehovas. Er verpflichtete sich es einzuhalten, ohne dass Abraham irgendwelche Bedingungen erfüllen musste (Gal 3:18). Der Gesetzesbund dagegen wurde zwischen zwei Parteien geschlossen, zwischen Jehova und dem Volk Israel; Moses diente in diesem Bund als Vermittler. (Siehe Anm. zu Gal 3:19.) Die Israeliten stimmten den Bündnisbedingungen zu und versprachen feierlich, das Gesetz zu halten (2Mo 24:3-8; Gal 3:17, 19; siehe Worterklärungen zu „Bund“).

Gott ist nur einer: In den vorliegenden griechischen Handschriften steht hier „Gott“. Einige Übersetzungen der Christlichen Griechischen Schriften ins Hebräische und in andere Sprachen verwenden an dieser Stelle den Gottesnamen. Die Aussage von Paulus erinnert an 5Mo 6:4, wo es heißt: „Jehova ist unser Gott, es gibt nur einen Jehova.“ Auf diesen Text spielte Paulus auch in Rö 3:30 und 1Ko 8:4 an. Gemäß Mar 12:29 zitierte Jesus den Vers direkt. (Siehe Anm.)

Gewahrsam der Sünde: Das griechische Verb für „dem Gewahrsam übergeben“ bedeutet wtl. „zusammen einschließen“ oder „umschließen“ und vermittelt den Gedanken, dass es aus einer Situation so gut wie kein Entkommen gibt. Im buchstäblichen Sinn beschrieb man damit z. B. den Fischfang mit Netzen (Luk 5:6). Das Wort vermittelt ein plastisches Bild davon, dass unvollkommene Menschen in ihrem sündigen Zustand gefangen sind. Wie Paulus sagt, haben „die Schriften … alles zusammen [alle Nachkommen von Adam und Eva] dem Gewahrsam der Sünde übergeben“. Die Schriften, zu denen das Gesetz gehörte, machten deutlich, wie sündig jeder einzelne Mensch vor Gott ist. (Siehe Anm. zu Gal 3:19.) Nur Christus konnte der Menschheit die Möglichkeit bieten, dieser hoffnungslosen Situation zu entkommen.

Bevor … der Glaube kam: D. h. der Glaube an Jesus Christus.

in Gewahrsam gegeben: Das entsprechende griechische Verb steht auch im vorangehenden Vers. Wie Paulus dort ausführt, befinden sich die Menschen im „Gewahrsam der Sünde“. (Siehe Anm. zu Gal 3:22.) Hier geht es ihm um einen anderen Gedanken: Die Israeliten wurden vom Gesetz „bewacht“ (oder „beschützt“). Es führte sie zu dem Glauben, „der offenbart werden sollte“, dem Glauben an Christus.

unser Betreuer …, der zu Christus führt: Das griechische Wort für „Betreuer“ (paidagōgós) bedeutet wtl. „Kindesbegleiter“. Es kann auch mit „Erzieher“ übersetzt werden. Außer in Gal 3:24, 25 kommt es nur noch in 1Ko 4:15 vor, wo es für ernannte Diener in der Christenversammlung gebraucht wird. (Siehe Anm. zu 1Ko 4:15.) Paulus malt hier ein schönes Bild: Er vergleicht das mosaische Gesetz mit einem Betreuer oder Erzieher, der einen kleinen Jungen Tag für Tag zur Schule begleitet. Dieser Betreuer war kein Lehrer. Seine Aufgabe war es, den Jungen zu beschützen, ihm die Werte seiner Eltern beizubringen und ihn wenn nötig zurechtzuweisen. In ähnlicher Weise lernten die Israeliten durch das mosaische Gesetz Gottes Wertmaßstäbe kennen. Außerdem zeigte es ihnen ihre Sündhaftigkeit auf, da sie es nicht vollkommen einhalten konnten. Demütige Israeliten, die sich von diesem „Betreuer“ leiten ließen, erkannten, dass sie auf den Messias oder Christus angewiesen waren – Gottes einziges Mittel zur Rettung (Apg 4:12).

Jetzt aber ist der Glaube gekommen: Da Jesus das Gesetz voll und ganz erfüllte, konnte Paulus sagen, dass der Glaube – d. h. vollständiger Glaube – gekommen war. Durch die Erfüllung des Gesetzes ermöglichte Jesus seinen Nachfolgern, von Gott anerkannt zu werden. Deshalb wird er als „Vervollkommner unseres Glaubens“ bezeichnet (Heb 12:2). Christus würde „die ganze Zeit über … bis zum Abschluss des Weltsystems“ bei seinen Jüngern bleiben (Mat 28:20). Es gab somit keinen Grund, sich wieder dem „Betreuer“ zu unterstellen. (Siehe Anm. zu Gal 3:24.) Mit seiner Argumentation zeigt Paulus, dass das mosaische Gesetz überflüssig wurde, als der vervollkommnete Glaube kam, der sich auf Jesus Christus stützt.

in Christus getauft: Wenn ein Christ mit heiligem Geist getauft oder gesalbt wird, gelangt er in ein besonderes Verhältnis zu seinem Herrn. Er wird Teil „eines einzigen Körpers“ – der Versammlung der Gesalbten, deren Haupt Jesus Christus ist (1Ko 12:13; Mar 1:8; Apg 1:5; Off 20:6; siehe Anm. zu Rö 6:3). Eine ähnliche Formulierung gebraucht Paulus in 1Ko 10:2, wo es darum geht, dass ein ganzes Volk in einen Befreier oder Anführer „getauft“ wurde. (Siehe Anm.)

habt Christus angezogen: Oder „habt euch mit Christus gekleidet“. Das in diesem Ausdruck verwendete griechische Verb kommt auch in Kol 3:10, 12 vor. Einem Fachwörterbuch zufolge vermittelt es den Gedanken, „so sehr von der Denkweise Christi durchdrungen zu sein, dass man im Denken, Empfinden und Handeln ein Abbild von ihm wird und gewissermaßen dasselbe Leben führt wie er“. Im Römerbrief verwendet Paulus das Verb im gleichen Sinn. (Siehe Anm. zu Rö 13:14.)

Jude oder Grieche: Mit „Jude“ sind Personen jüdischer Abstammung gemeint, also Israeliten. (Siehe Worterklärungen zu „Jude“.) Der Begriff „Grieche“ wird hier offenbar in erweitertem Sinn verwendet und meint alle Nichtjuden. (Siehe Anm. zu Rö 1:16.) Aus Gottes Sicht bestimmt nicht mehr die buchstäbliche Abstammung von Abraham, ob jemand wirklich zu „Abrahams Nachkommen“ gehört. Es ist unwichtig, von wem jemand abstammt oder woher er kommt, denn in Gottes Volk sind „alle eins“ (Gal 3:26-29; Kol 3:11). Gottes Unparteilichkeit wird daran deutlich, dass sich sein neues Volk, das „Israel Gottes“, aus Juden und Nichtjuden zusammensetzt (Eph 2:11-18; siehe Anm. zu Gal 6:16). Es war passend, diese Tatsache gerade den Christen aus Galatien vor Augen zu führen, da dort Menschen unterschiedlichster Herkunft lebten: Juden, Griechen, Römer und Einheimische.

Sklave oder freier Mensch: Ein „Sklave“ war der Besitz eines anderen Menschen. Ein „freier Mensch“ war von Geburt an frei und besaß die vollen Bürgerrechte. (Siehe Worterklärungen zu „Freier Mensch; Freigelassener“.) Aus Gottes Sicht gibt es keinen Unterschied zwischen Christen, die buchstäblich Sklaven oder freie Menschen sind. Da Christen mit Jesu kostbarem Blut gekauft wurden, sind sie alle Sklaven von Gott und von Christus (1Ko 7:22Anm., 23; 1Pe 1:18, 19; 2:16).

seid ihr wirklich Abrahams Nachkommen: Der primäre Teil von Abrahams Nachkommen ist Jesus Christus (1Mo 22:17; siehe Anm. zu Gal 3:16). Paulus weist hier darauf hin, dass auch andere als „Abrahams Nachkommen“ (wtl. „Abrahams Samen“) gerechnet werden, nämlich „die, die zum Christus gehören“ (1Ko 15:23; Mar 9:41). Dieser sekundäre Teil setzt sich aus 144 000 geistgesalbten Christen zusammen (Off 5:9, 10; 14:1, 4). Einige von ihnen sind gebürtige Juden, aber die meisten kommen aus anderen Völkern (Apg 3:25, 26; Gal 3:8, 9, 28).

Medien

Betreuer
Betreuer

Das griechische Wort paidagōgós, das in 1Ko 4:15 und Gal 3:24, 25 vorkommt und mit „Betreuer“, „Erzieher“ oder „Bewacher“ übersetzt wurde, vermittelte ein konkretes Bild. In der griechisch-römischen Welt war es üblich, dass Familien mit entsprechenden finanziellen Mitteln ihre Söhne einem Betreuer anvertrauten. Meistens handelte es sich um einen Sklaven, manchmal aber auch um einen Bediensteten, der gegen Bezahlung arbeitete. Manche Familien gaben hohe Summen aus, um einen Betreuer zu erwerben oder anzustellen. Der Betreuer kümmerte sich um seinen Schützling normalerweise von dessen sechsten oder siebten Lebensjahr an bis zum Erwachsenenalter. Er begleitete das Kind überallhin und sorgte dafür, dass ihm nichts passierte. Außerdem war er dafür verantwortlich, seine Entwicklung zu begleiten, ihm moralische Anleitung zu geben und es zu korrigieren und zu disziplinieren.